L.A. X


Kinostart: 08.01.2002 (Schweiz)

Premiere an den Hofer Filmtagen 2001

Ein Mann Ende zwanzig landet am Flughafen Los Angeles. Er mietet sich ein Auto und lässt sich im erstbesten Motelzimmer nieder. Wir gehen mit ihm auf eine unterhaltsame und emotionale Reise, eine Reise in seine Vergangenheit und die daraus resultierende Gegenwart. Der Ferienreisende wird zu einem Gestrandeten. 

Filmtechnische Ausgangslage

L.A. X wurde mit kleinstmöglichem Aufwand realisiert; drei Personen waren auf dem Set. Gedreht wurde mit einer kleinen DV-Kamera, denn nicht nur Intimität, sondern vor allem Flexibilität waren wichtig. Die Macher waren mit der Hauptfigur durch und durch vertraut. Bis auf die «Plotpoints» war die Geschichte unbestimmt, der Weg dahin Improvisation. Innerhalb eines genau definierten optischen Konzeptes konnte - ohne Einschränkungen durch Materialkosten oder fehlende Drehgenehmigungen – völlig unbeschwert gedreht werden. 

Erzählform

L.A. X ist ein «Ein-Mann-Stück». Es gab kein klassisches Drehbuch, es gab lediglich festgelegte Strukturpunkte.  Begegnungen waren Improvisation.  

Man(n) befindet sich – auf den ersten Blick - auf einer aufwühlenden, unvorhersehbaren Reise durch den Westen Amerikas. Aber eigentlich ist der Trip eine Reise zu sich selbst. Immer wieder sucht er per Telefon Kontakt zu einer Person, deren Identität uns vorläufig verborgen bleibt. Seine Reaktionen sind Reflexion seiner Vergangenheit, ausgedrückt als Improvisationen von Schauspieler und Kamera, einer Kamera, die durch ihre Partizipation am Geschehen beinahe zum zweiten Schauspieler wird. Auch der Schauplatz dieser Reise widerspiegelt die Zerrissenheit des Reisenden: das Pendeln zwischen glamourösem Traumziel und wüster Trostlosigkeit zwingen den Protagonisten, sich aktiv mit sich und seiner Umgebung auseinanderzusetzen.


Regie, Buch, Produktion, Schnitt:
Florian Froschmayer

Genre: Drama, Road Movie

Jahr des Drehs: 2001

Drehorte: Los Angeles, Arizona, Neveda

Besetzung: Martin Rapold

Foto: © Florian Froschmayer

Schauen Sie sich hier den Film in voller länge an

Go West Young Man

Er tauchte in der Schweizer Filmszene auf wie ein Hurrikan: Florian Froschmayer. Ein Portrait des vifen Quereinsteigers.

Als Florian Froschmayer 1999 mit «Exklusiv», seinen ersten Spielfilm vorstellte, rieb man sich hierzulande verwundert die Augen. Zu sehen gab es da so unschweizerisches wie Massenszenen, Verfolgungsjagden und Action. Begleitet wurde «Exklusiv» von einem höchst professionellen, für das hiesige Filmschaffen ungewohnten Product Placement. Flo Froschmayer, damals wasserstoffblond und gerade 27 Jahre alt, hatte mehr Ähnlichkeiten mit einem jungen Wilden aus Hollywood als mit einem helvetischen Jungfilmer. Dazu kam. dass er seinen Film ohne öffentliche Gelder finanziert hatte. Für die einen war Froschmayer deswegen der böse Bub, für die anderen die große Hoffnung des Schweizer Films.

Für Froschmayer selber, der bis anhin als Cutter für Fernsehen und Werbung gearbeitet hatte, war «Exklusiv» vor allem eine erste Erfahrung. Auch mit Medien, Kritik und Öffentlichkeit. «Nachher kam nichts», sagt er. «Alle warteten darauf, dass ich ein neues Projekt vorstellte, und ich hatte keines.» Womit er untertreibt: Schließlich sind erst zwei Jahre vergangen und schon stellt er mit «LA. X» seinen zweiten Spielfilm vor: ein Stück für Kameramann, Regisseur und einen Schauspieler. Einzugliedern in der Nachfolge von Clemens Klopfenstein und dem frühen Wim Wenders, anzusiedeln in der Nähe der Dogma-Filme. Und wieder verblüfft Froschmayer mit seinem Werk: «L.A. X» lässt sich nämlich umschreiben als europäischer Autorenfilm, made in USA.

DAS GEFÜHL ENTSCHEIDET

Dieser Stilwechsel ist purer Zufall. Denn wann Froschmayer was, wie und wo filmt, das entscheidet er nach Gefühl. Indem er sich als Erstes fragt, was er auf Leinwand noch nicht gesehen hat, und als Zweites, was er gerne sehen würde. Als Drittes klärt er ab, welche Möglichkeiten ihm zurzeit offenstehen. Im Fall von «L.A. X» war die Option eine Amerika-Reise, die Froschmayer zusammen mit Martin Rapold, dem Hauptdarsteller aus «Exklusiv», geplant hatte. Was Rapold und ihn besonders interessierte, war die Improvisation. Abgesehen davon sollte sich der Film um einen ganz gewöhnlichen Kerl drehen, der ein allgemein bekanntem Problem zu lösen hat: die einsame Zeit nach einer Trennung durchzubringen. Unumwunden gibt Froschmayer dann allerdings zu, dass der bis zum Ende namenlose Held aus «L.A. X» einige Transformationen durchgemacht hat. So dachten sie ursprünglich daran, die Geschichte eines Massenmörders auf der Flucht zu erzählen. «Doch bei so viel Improvisation müssen Schauspieler und Regisseur die Figur verstehen», meint Regisseur Froschmayer heute: Von Vernunft geleitet, legten sie solch wilde Pläne zur Seite.

«ICH WILL DOCH BLOSS FILME MACHEN»

Was Vorbilder angeht, zuckt Froschmayer die Schultern. Rapold habe zwar von «Paris, Texas» geschwärmt, er selber kenne aber von Wim Wenders bloß «The Million Dollar Hotel». Dass «L.A. X» in den USA spielt, daran sei vor allem die bereits geplante Reise schuld. Zum Ändern hätten Tests in München und der Schweiz gezeigt, dass hier improvisiertes Filmen kaum möglich ist: Spontan Angesprochene lassen sich kaum in ein Gespräch verwickeln, geschweige denn filmen. «In den USA hingegen haben sich wildfremde Menschen richtig in Pose gesetzt.»

 Gedreht wurde von April bis Mai 2001, mit einer Mini-DV-Kamera. «Ein eigentliches Drehbuch gab es keins, aber Rapold und ich wussten genau, was wir wollten. Ich ließ Rapold laufen und sorgte dafür, dass er nicht ins Messer lief.» So einfach kann Filmen sein. Die Geldbeschaffung war in diesem Fall auch kein großes Problem. «LA. X» hat, bedingt durch die Kleinst-Crew, nur 260 000 Franken gekostet.

 Abstruse Geschichten über die schwierige Geldsuche hat Froschmayer aber inzwischen genauso auf Lager wie seine Filme machenden Landsleute. Nach «Exklusiv» hatte auch er manchmal den Punkt erreicht, wo er alles hinschmeißen wollte. «Dabei will ich doch bloß Filme machen und Spaß haben», sagt er. Heute ist Froschmayer naturblond. Erste weiße Haare zieren die Schläfen. Der junge Wilde ist reifer geworden. Und man darf gespannt sein, was ihm noch alles einfällt, wenn er so ganz aus dem Bauch heraus weiterfilmt.

Autorin: Irene Genhart

Date: 05.01.2002
Zeitschrift: TELE (Schweiz)
Auflage in 2002: 220.000

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